Berliner am Polarkreis

Jährlich finden Tausende, mitunter gar mehrere Zehntausend, den Weg zum weltgrößten OL, den „Femdagars“ oder – inzwischen auch in Schweden längst populärer als der Altbegriff – zum „O-Ringen“, diesmal die Nummer 49 im nordschwedischen Boden, knapp südlich des Nordpolarkreises gelegen. Unter den 90 gemeldeten deutschen Startern, die somit nicht einmal ein Prozent der knapp 9900 Teilnehmer ausmachte, auch eine kleine „Fernreisegruppe“ von 10 Berlinern vom ESV Lok Schöneweide, dem Kaulsdorfer OLV und dem Berliner TSC Für die allermeisten stand einmal mehr das „Genießen von OL pur“ in den schier unendlichen Wäldern und den damit verbundenen O-technischen Herausforderungen im Mittelpunkt, vereint mit dem dort vorherrschenden Gemeinschaftsgefühl, unter mehreren tausend Gleichgesinnten und teilweise fast familiären Bedingungen OL im wahrsten Sinne des Wortes zu leben.

Für den Großteil speziell der Nichtskandinavier ging es einmal mehr einzig und allein um ein mehr oder weniger fehlerfreies „Durchkommen“ , denn obwohl es internationale Regeln für die Kartendarstellung gibt, ist eben in Skandinavien das, was wir so als „Grün“ sehen, meistens noch „hell weis“. Hinzu dann das inzwischen aus Erzählungen nicht nur den „Skandinavienfans“ bekannte „Sparen mit Schwarz“ – denn dort oben wird ein in unseren Augen „fetter Fels“ erst dann zu diesem, wenn im Winter der Schnee herunter fällt – ansonsten ist es eben simpel braun. Trotz aller dieser Zusatzerschwernisse zu den bekannten Tatsachen über die Stärken der dort beheimateten OL´er , gibt es immer wieder auch etliche, die der Ehrgeiz packt und die sich der großen internationalen Konkurrenz stellen. Das kann, wer will, in eigentlich allen der fast 90 Kategorien auf den „Elitebahnen“ bzw. den „Langbahnen“ angehen. So mancher allerdings, der der Illusion erliegt, in einer vorgeblich leichteren Konkurrenz (Motion, B- oder auch K-Kategorien) sich einen vorderen Platz zu erlaufen, ist in fast allen Fällen einem Trugschluss erlegen, solange dort „Gleich auf Gleich“ trifft . So war es auch wieder aktuell 2013, allerdings keiner aus Berlin! Denn bis auf Jacqueline Goericke (Berliner TSC), die konkret vor einem Jahr sich von Sohn Marvin zum OL überreden ließ und die für sie leistungsgerechte „Open 5“-Bahn aussuchte, wählten alle anderen die jeweils machbare härteste Bahn, die in den Leistungskategorien D/H 18 – 21 ohne weiteres in Deutschland als Eliteniveau bezeichnet werden kann. Da Skandinavien erfahrenere unter uns das wissen, freuen sie sich über jeden fehlerfrei absolvierte Streckenpassage wie über einen Sieg.

Wenige Deutsche wagten in den vergangenen Jahren einen Start in der Elite – und hinzu kommt, dass die Veranstalter konsequent einer Elitemeldung in den Kategorien 18, 20 und 21 nur zustimmen, wenn deren nationale Kompetenz in den nationalen Ranglisten, Meisterschaften und Bestenkämpfen bzw. internationale Platzierungen sie überzeugen. So waren in der H21E nur 80 Startplätze zugelassen, 40 anhand der Weltrangliste und 40 anhand der schwedischen Rangliste vergeben. „Wildcards“ hatten alle WM-A-Finalisten, so dass da ein potentiell hochwertiges Feld am Start war. Ähnlich in der sehr stark frequentierten H 18: 130 durften starten, 175 hatten sich beworben. Somit waren für Deutschland nur ganze Drei (3 !!!) in einer Elitekategorie startberechtigt: D18E Hanna Müller (TV Kippenheim / OLG Basel). D20E Susen Lösch (USV Jena / Ärla IF ) und H18E Sebastian Fleiss (Berliner TSC / ASKÖ Henndorf). Speziell Sebastian freute sich darüber sehr – setzte sich zugleich doch psychisch unter einen derartigen Druck, dass er bei den ersten 3 Etappen im Bemühen um gute Plätze viel zu schnell die Rennen anging und folgerichtig jedes Mal erst nach längeren Suchaktionen am Posten 1 sich einlesen konnte. Erst nach intensiven Analysen mit Trainer und Trainingskameraden und nach mehreren „Rudereinheiten zur Selbstfindung und Entspannung“ auf „seinem See“ vor „seiner Unterkunft“ konnte er die von Sieglinde Kundisch auf der Website von TU Dresden wunderbar aufgeführten Erfahrungen um eine ruhige Herangehensweise umsetzen und sich noch bis auf Platz 97 hocharbeiten – immerhin ein positiver Abschluss und durchaus achtenswerter persönlicher Erfolg.

Von uns anderen Berlinern sei erwähnt, dass jeder tagtäglich ehrlichen Herzens versuchte, die berühmte „Tücke des Objekts“ zu beherrschen, noch am ehesten zufrieden waren damit wohl Leo Graumann (H18L), Heidi Graumann (D50) und Bernd Wollenberg (H65), wobei speziell der Kampgeist von Marvin Goericke und erst recht Bodo Graumann (beide in H21L) zu erwähnen ist, die z.T. bis an den Rand des Physisch wie psychisch machbaren gelangten und trotzdem zu keiner Sekunde ans Aufgaben dachten.

Den langen Reiseweg hinauf an den Polarkreis hatten sicherlich viele auch angetreten, um eben diesen dann auch zu überschreiten. Der traditionelle freie Tag lockte in der permanenten Helligkeit zu diverser Ausflugshöhepunkte wie dem berühmten Wasserfall „Storforsen“ oder eben den Polarkreisstationen z.B. bei Jokkmokk.

Das nächste O-Ringen, Auflage 50, 2014 wieder in Skane, wird wohl über 20 000 anlocken und unter ihnen garantiert auch mehr Starter unter „Schwarz-Rot-Gold“ und sicherlich auch mehr unter dem Berliner Bärenbanner. Die ersten Anmelder, auch aus Berlin, sind schon registriert…

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