Grand Prix Polonia – Einmal Dresden, fünfmal Berlin

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So zumindest beläuft sich die Teilnehmeranzahl aus deutschen Landen am diesjährigen „Grand Prix Polonia“, der 2011 zu Gast war am Südrand von Jelenia Gora (Hirschberg), also dort, wo die steilen Nordhänge des Riesengebirges mit seinen Felsen, Steinfeldern liegen. Genauer gesagt, zu Füßen der über 700 Jahre alten Burg Sobieszow „tummelten“ sich die knapp 500 Teilnehmer, die neben vielen polnischen Starterinnen und Startern neben uns sechs Deutschen auch OL´er aus Russland, Tschechien, Ukraine und Belarus am Start sahen.

Für die Polen war dieser Dreietappen-OL zugleich ein nationaler Ranglisten-OL mit der Einstufung 1,5 und damit ähnlich wie die 110´ner – Wertung bei der DPT also die 2.Wertungskategorie. Wer von den Polen also ganz vorn sein will, muss sich eben zu diesen Spitzenläufen begeben.

Zwei der drei Wettbewerbe waren recht hart allein vom Geläuf her, z.B. die H 60 mit 3,7 km und 230 bzw. 275 angegebenen Höhenmetern… und natürlich noch einige mehr dann sehr steil hinab. Speziell für uns „Flachlandtiroler“ natürlich eine echte Herausforderung! Zumindest Etappe 2 war dann wesentlich angenehmer: Sprint durch die Altstadt von Jelenia Gora – wobei: Gut die Hälfte aller Teilnehmer „erfreuten“ sich eines mächtigen Wolkenbruchs… – Natursport halt.

Etappe 1, gestartet als „Langstrecke“ am sonnabendlichen späten Vormittag „bescherte“ neben Sonnenschein eigentlich richtige Mittelstreckenanforderungen, die vom orientierungstechnischen Wert jedem BRL zur Ehre gereicht hätten. Erschwerend hatten unsere polnischen OL-Freunde das ganze Gelände wie bereits erwähnt mit felsigem Unterboden und fast allen Postenstandorten voll in den Hanglagen – also nichts da mit dem bei vielen unserer OL üblichen „Berg oben“, „Tal unten“ – ausgestattet sowie hinzu diese dann auch mitten hinein in mehr oder weniger große Steinfelder oder Felsgruppen alles im Maßstab 1: 10000, was eigentlich auch machbar ist. Unser anfängliches Erstaunen über die recht kurzen Bahnen verwandelte sich denn auch schon nach wenigen OL-Metern in Begreifen der Gedanken des Bahnlegers… 1,8 km zum Start, 80 m „bergauf“ – diese kamen dann „natürlich“ bergab beim OL hinzu.

Am besten zurecht kam die im polnischen Lodz derzeit ihr soziales Jahr absolvierende Anne Reinhardt (TU Dresden) mit Rang 2 in der D 20, Kilian Joerg (H 21) wurde genauso fünfter wie ich in der H 60, allerdings trennten ihn nur 4 Minuten, während ich dank realer „Panikattacken“ beim „Downhill“ dann doch schon über 19 Minuten akzeptieren musste und mich dennoch wundern konnte, soweit vorn gelandet zu sein. Sebastian Fleiß dagegen staunte regelrecht darüber, wie schnell seine polnischen Konkurrenten zum Teil waren, obwohl sie, genau wie er auch, an einigen der Felsposten bis zu einigen Minuten Verlustzeiten buchen durften – andererseits: Er ist im ersten Jahr H 16 „unterwegs“, und H 16 ist eben doch wesentlich härter und anspruchsvoller als H 14. Und gar im polnischen OL potenzieren sich eindeutig die technischen Anforderungen, wen wundert es da, dass unsere östlichen Nachbarn inzwischen doch recht stabile internationale Ergebnisse erzielen. Katja und Jürgen Kaminski (SC Charlottenburg bzw. Treptower SV) – beide das erste Mal OL-mäßig in Polen „unterwegs“, durchquerten ihre Bahnen verhalten und vorsichtig und waren, wenn auch nicht auf den vorderen Rängen platziert, mit dem OL-Erlebnis an sich zufrieden.

grand-prix-polonia-einmal-dresden-fuenfmal-berlin-2.jpegLauf Nummer zwei dann durch das Zentrum und eines Teils des Fußgängerboulevards der restaurierten Altstadt von Jelenia Gora. Ein Stadtsprint wieder vom Feinsten, durch Unterführungen, kreuz und quer und immer im Fokus diverser Zuschauer – nur die Anfeuerungsrufe auf Polnisch nutzten uns wenig. Auch der nicht nur zu dieser Etappe unentwegt kommentierende Sprecher ließ seine ausländischen Gäste im Unklaren, was es da alles zu erzählen gab – denn weder Russisch noch Englisch war zu vernehmen, geschweige denn Deutsch. Bei diesem, den aus meiner Sicht besten deutschen Stadtsprints der letzten Jahre (Regensburg, Meißen, Bautzen) durchaus ebenbürtig, Wettbewerb konnten wir paar Deutschen den etwas verlorenen Boden aus Etappe Eins dann auch dank unserer anwesenden diversen Parktourroutiniers aufholen, m ein Etappensieg mit 8 Sekunden Vorsprung in der H 60, Platz 2 durch Anne in der D 20 und auch Platz 4 der H 21 durch Kilian fanden auch bei unserer Konkurrenz Beachtung. Besonders Kilians Leistung war bemerkenswert, denn pünktlich zu seinem Start ergoss sich ein heftiger Wolkenbruch über der Stadt und somit über ihn. Doch der gebürtige Wiener (seine „OL-Lehrjahre“ absolvierte er beim OLV Wiener Wald bis hin zum Jugend- und Juniorenkader der Alpenrepublik) blieb auch wie immer gelassen und klagte nur über das Rutschen in den Kurven und da er vor dem Start und auch hernach ein schönes Straßencafé nach Wiener Art incl. des schmackhaften braunen Getränks fand, war alles schön – Wiener Gelassenheit halt eben. Sebastian dagegen bestaunte regelrecht seine H 16 – Konkurrenten, die fast durchweg 1,5 – 2,5 Köpfe größer als er selbst waren. Mein Trostversuch, dass es z.B. auch in Deutschlands früheren Eliteläufern einige kleinere mit sehr großen Ergebnissen gab (ich verwies da konkret auf „Holli“ Zimmerling) wollte nicht so richtig anschlagen – die machen einen Schritt, da brauche ich glatt zwei…“. Stimmt ja – nur: Dann dürfen den „kurzen Beinen“ eben keinerlei Umwegrouten passieren… Und: das wird schon noch, oder?!

Etappe drei am Sonntagmorgen dann mit fast den gleichen Bahnparametern wie Etappe 1 – nur „ein klein wenig steiler“… na bravo! Bei mir also statt vorher schon schlimme 230 Höhenmeter nun 275, uff. Und da ja freundlicherweise und mit offensichtlich vorhandener Tendenz zur Beachtung der Menschenrechtscharta (also nichts da mit „Kaputtspielen…“) durfte jeder zum Start schon mal wieder so knapp 120 Meter auf 1100 m Entfernung erklimmen – die dann, wie schon am Tag Eins, bergab hinzu kamen. „Meine Welt“…

grand-prix-polonia-einmal-dresden-fuenfmal-berlin-3.jpegDer Start erfolgte als Jagdstart bis 60 Minuten, danach dann im Minutenintervall. Das Sachsenmädel Anne ging mit knapp 2,5 Minuten als Zweite auf Verfolgungsjagd, „fand“ auf halber Strecke ihre Vorläuferin, die wiederum die Gefahr erkannte und so jagten sich dann beide Mädels wortwörtlich bis ins Ziel hinein. Eine einzige Sekunde trennte Anne vom Sieg, ein packendes Duell bis zum Schluss – das ist natürlich OL in Hochglanz! Kilian und ich starteten dann jeweils als fünfte, allerdings er mit nur knapp 5 Minuten Rückstand, bei mir dagegen immerhin schon fast 15. Unser „Ösi“ lief dann auch völlig enthemmt quer durch die Steilhänge, absolvierte regelrechte Abfahrtsläufe (nur die dabei im TV zu sehenden üblichen langen Sprünge blieben wohl aus…) und kam dann knapp nach Rang vier trotzdem noch als fünfter aus dem Wald, ein einziger Hacken zu viel irgendwo zwischen den Steinen und Felsen. Mich überholten in ebendiesen Hängen dann drei der offensichtlich dazu ausgebildeten „Gebirgsjäger“, aber mein 8.Platz erfreute mich allemal, denn ich konnte fehlerfrei (wohl auch „dank“ meiner Langsamkeit, hihihi) durchkommen. Nicht ganz gelang das zwar unserem Youngster, da aber andere seiner Konkurrenten auch loosten, verbesserte sich Basti, gestartet als Nr. 17 noch bis auf Platz 13. Als Dank und Anerkennung hat er für diese Leistung nun ein paar polnische Facebookfreundinnen mehr und ein Trikottausch wie beim Fußball ist auch beim OL inzwischen in Mode – so werdet Ihr ich dann sicherlich auch mal in seinem neuen Hemd in den Farben Grün-Gelb-Rot antreffen.

Katja und Jürgen waren´s im Übrigen auch zufrieden, ihnen kam es mehr auf den OL im Unbekannten an – und auch auf das Kennenlernen des polnischen Lebens und des OL. Gefallen hat´s auch ihnen allemal, und – sie wurden nicht letzte!

Alles in allem wieder ein interessantes Wochenende und das Gefühl, dass man sich dortzulande über unsere Anwesenheit wirklich gefreut hat. Noch anzumerken wären zwei „Nebensächlichkeiten“. Die Veranstalter vom „Paulinium“ Jelenia Gora waren immer und zu allen freundliche und aufmerksame Gastgeber, man fühlte sich trotz der Sprachbarrieren wohl. Die andere „Nebensache“ ist, dass die Sprachbarrieren zwar hinderlich sind, aber wir immer wieder in Gespräche und auch, speziell in der Unterkunft im Schulinternat von unseren diversen Nachbarn aus Polen, Tschechien, Ukraine, Belarus oder Russland auch zum gemeinsamen Essen (klar, Trinken auch…) eingeladen wurden und unser Jüngster trotz anfänglichen Horrors vor den zu erwartenden Sprachproblemen dann sich letztendlich doch mitten in den anwesenden internationalen Jugendgruppen wiederfand und feststellte, dass, wenn gar keine Wörter mehr helfen, per dem altägyptischen Hieroglyphen ähnelnden malerischen „Kunstwerken“ Verständigung mit viel Gaudi möglich ist.

Einige, speziell der polnischen neu gewonnenen Freunde, werden wir dann wohl schon im nächsten Jahr dann wieder begegnen – bis dahin lernen speziell die polnischen D/H 14-16 bestimmt etliche deutsche Wörter und Basti eventuell „nebenbei“ einige polnische Brocken – mal sehen!

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