Spannung pur im finnischen Wald
Der einzige Teamwettbewerb beim Biathlon-Orientierungslauf ist der „Staffel-OL“. Gegenüber dem „herkömmlichen“ Staffel-OL laufen hier Zweierteams – bis auf die Kategorie der H 21, hier bilden drei Herren eine Mannschaft. Der aktuelle WM-Wettbewerb im finnischen Mikkeli startete mit einem Massenstart und einer Crossstrecke von knapp 600 m zum Liegendschießen. Danach folgte mit fließendem Übergang der OL-Teil durch den angrenzenden finnischen Wald und dem Stehendschießen, dem zum Schluss ein kurzer Crossteil von 200 m zum Ziel führt. Allerdings: Wie beim durch unzählige Fernsehübertragungen bekannten Winterbiathlon führen Fehlschüsse zuerst zur Nutzung der drei „Nachlader“ je Schießdisziplin und danach erfolgt dann das berühmte „Rundendrehen“ im Strafrundenbereich – für die H 21 über stattliche 190 m, für alle anderen Kategorien über 150 m. Derzeit gibt es noch keine Begrenzung der Teams pro Nation, allerdings gibt es eine Begrenzung der Anzahl der startberechtigten Teilnehmer pro Nation auf 10, dieses Limit wurde nur von den drei skandinavischen Nationen voll ausgeschöpft – die somit jeweils mit drei Staffelteams bei den Herren und bis zu fünf in den anderen Wettbewerben antreten konnten.
Deutschland stellte wie auch schon 2014 in Storkow wieder ein Herrenteam mit dem Doppelbronzegewinner der beiden Einzeldisziplinen der AK 45, Dimitri Popov (SV Schorfheide), dem Sprintvizeweltmeister der Junioren, Sebastian Fleiß und dem einzigen „richtigen“ H 21-Starter, Karsten Blume (beide Berliner TSC). Somit können sie sich durchaus auch als „Regionalteam Berlin-Brandenburg“ bezeichnen – wie auch schon im Vorjahr, als Karsten Blume zusammen mit Martin Ahlburg (IHW Alex 78) und Antonio Jänich (TOLF Berlin) antraten und „damals“ auf Platz Neun einliefen. Diesen Platz wollten aktuell dann auch die genannten drei Vertreter Deutschlands – allerdings unter doch schwierigeren – nämlich finnischen Orientierungsaufgaben geschuldeten – Bedingungen anstreben.
Mit Spannung erwarteten dann auch durch alle Zuschauer, Offiziellen und natürlich die anderen über 150 Aktiven den Start des Hauptlaufes der Herren. Sebastian, hierzulande ja als schneller Crossläufer bekannt (1 000 m – 2:53 min, 3 000 m – 9:52 min und 5 000 m – 17:18 min) setzte sich dann auch schon 150 m nach dem Start an die Spitze des Feldes und kam mit fast 70 m Vorsprung vor Finnland I und Schweden I zum Liegendschießen. Da er beim üblichen Anschießen im Liegen 80% Trefferquote erzielt hatte, schien nun alles sicher… Leider hatte sich zwischenzeitlich jedoch der leichte östliche Seitenwind beim Anschießen in der Stunde danach zu Windböen aus West kommend verwandelt und hier fehlten dann Basti logischerweise die den wettkampferfahrenen skandinavischen Biathleten innewohnende Routine bei dererlei „Ungemach“. Das hatte dann zur Folge, dass nach den drei Zusatzschüssen immer noch alle Scheiben standen und somit fünf lange Zusatzrunden anstanden – 950 m mehr also als die längst enteilte Konkurrenz. Doch scheinbar gibt es auch bei skandinavischen Biathlonorientierern Starter mit weniger gutem Orientierungsvermögen – denn aus den fast 6 min Rückstand zum Vorletzten war nun Sebastian als zehnter zum Stehendschießen aufgetaucht und braucht nun nur noch zwei Strafrunden zu laufen. Karsten Blume absolvierte sein Liegendschießen mit zwei Strafrunden und kam dann schon als Nummer Neun zu Stehendanschlag, von den skandinavischen Teams war Dänemark 2 nun nach uns. Dimitri Popov schoss nun alle Scheiben um und – als früherer russischer Nationalkader im OL – absolvierte ein fehlerfreies, schnelles Rennen durch den finnischen dichten, steineübersähten Wald. Zwischenzeitlich muss er wohl noch ein schwedisches Team „überrannt“ haben, denn „Dima“ kam als Achter aus dem Wald, nur knapp zwei Minuten hinter dem siebenten von Dänemark 1. Mit einer Art „Schnellfeuereinlage“ versuchte der frischgebackene Diplompsychologe, diesen Vorsprung abzubauen, natürlich vom nicht unerfahrenen Dänen drei Schießstände weiter, beobachtet. Zwei Strafrunden nun für Hans-Kresten Larson (Dänische Militärauswahl), doch der erfahrene Dimitri musste, aller psychologischen Erfahrungen zum Trotz, dann doch feststellen, dass im Wettkampf Nervenflattern auftreten kann und musste ebenfalls eine Strafrunde absolvieren. Letztendlich fehlte unserer deutschen Auswahl 30 Sekunden an einer noch besseren Platzierung, trotzdem freuten sich natürlich alle über das beste Ergebnis einer deutschen Mannschaft seit es diesen Wettbewerb gibt!
Eine ausgelassene Abschlussfeier in Form eines Banquett mit entsprechender Siegerehrung und diverser „Einlagen“ speziell der skandinavischen Teams ließ schnell die Anstrengungen der vergangenen Tage vergessen – und allen wird speziell das dänische „Mingemingeminge-Spiel “, das alle mitmachen „durften“ genauso in Erinnerung bleiben, wie das Namenssingen der Finnen oder die Vorführung der schwedischen Junioren, die einen OL nachspielten, bei dem in jeder Runde ein anderen durch alle möglichen Tricks „ausgeschaltet“ wurde. „Selbsterstechen“ durch die Sicherheitsnadel der Startnummer, „Stolpern mit Bruch aller Gliedmaßen“ über einen Posten oder „Stromschlag“ durch Stempeln des Funkpostens…, man lernt halt nie aus!
Freuen tun sich schon jetzt alle auf ein Wiedersehen zum Finale des Weltcups (30.10.-01.11. in Dänemark) oder zur WM im Biathlon-OL 2016 in Tschechien (Anfang Juli) – Deutschland wird zu 100% dabei sein!
Ergebnisse mit deutscher Beteiligung:
H 21 ( 3 x 5,4 km):
1. FIN – 1 (Mikko Viitamäki – Jarno Kallio-Könnö – Mikko Hölsö) – 1:42:14 Std., 2. FIN – 3 (Tapio Perä – Matti Vainionpää – Daniel Forsell) – 1:45:18 Std., 3. FIN – 2 (Olli-Markus Taivainen – Antti Iivari – Jouni Heinonen) – 1:47:03 Std., … 8. Deutschland (Sebastian Fleiß – Karsten Blume – Dimitri Popov) – 2:21:20 Std.
Text und Fotos:
Bernd Wollenberg