Die OL-begeisterten Finnen hofften natürlich, noch älteren Traditionen vertrauend, nach denen es für Nichtfinnen schier unmöglich war, hierzulande ihre Besten zu besiegen, auf mehrfaches Gold – doch die Zeiten haben sich, speziell was eben diese Tradition betrifft, geändert. Und wäre da nicht der selbst für ihn völlig überraschende Triumpf des Mårten Boström gewesen, wäre wohl die finnische OL-Seele längere Zeit im dunkelsten Nirwana verschwunden. Klar, die Bronzemedaille der davon selbst überraschten Venla Niemi im Sprint, das Silber von Jani Lakanen über die Königsdisziplin Lang oder die Bronzemedaille von Merja Rantanen über die Mitteldistanz sind schon etwas wert, wenn aber der ganze Fokus von Presse, Funk und Fernsehen auf eine Minna Kauppi liegt und von ihr ständig Gold erhofft wurde, ist das schon ein sicherlich kaum auszuhaltender Druck. Wie groß der gewesen sein muss, war an der übermäßigen Freude zu erkennen, als ihre allereinzigste Medaille durch den Vize-WM-Titel im Staffelrennen dann doch noch kam.
Uns als Zuschauer, deutsche hinzu, war das zwar nicht egal, wir freuten uns, „bescheiden“ wie wir ja weltweit bekannt sind, schon darüber, dass immerhin in allen Einzeldisziplinen unsere Farben in A-Finals enthalten waren. Unsere deutschsprachigen südlichen Nachbarn (und nicht nur auf der Zielwiese), die Schweizer, zündeten natürlich da ein ganz anderes Feuerwerk – speziell geschuldet der unnachahmlichen Simone Niggli, aber ohne sie hätten auch die lieben Schweizer recht leer ausgesehen – denn die diversen vierten, fünften usw. sind nun mal keine Medaillen…
Wir deutschen „Schlachtenbummler“ indess bejubelten den 31.Platz auf der Langstrecke von Sören Lösch, den 37. Platz von Christoph Prunsche den 38. von Christiane Tröße (beide Mittel) und auch den 42.Sprintplatz von Alexander Lubina und fieberten mit ihnen bei beiden Staffeln mit um die Plätze 18 (Damen) und 22 Herren und bestaunten, wie die „Betroffenen“ selbst sicherlich auch, dass „Autogrammjäger“ auch sie „bedrängten“ – D A S erlebten sie alle noch nicht – und es war sicherlich andererseits nicht unangenehm… Was die WM-Teilnehmer leisten mussten, konnten wir dann quasi am eigenen Leib bei den bereits erwähnten Zuschauerläufen testen, von denen unsere erfolgreichsten noch die auf den direkten Bahnen der Sprint-Qualifikation waren. OK – wir starteten ohne jeglichen Druck und völlig entspannt, trotzdem ist die Zeit von Marvin Goericke auf der Quali 1-Bahn mit „lediglich“ 1:30 min „verpassen“ der A-Finalqualizeit schon recht gut und auch Sebastian Fleiß (zur Erinnerung, geb. Ende November 1996) kann mit seinen 3 min Rückstand zu Alexander Lubina optimistisch in seine OL-Zukunft blicken.
Die Ergebnisse unseres „4-Tage- Zuschauer-OL“ sind real gesehen nicht so „berauschend“, wobei die ersten beiden Tage in „Potsdam ähnlichem“ Geläuf (Gebiet der Langstrecke) ja noch recht gut gelungen sind. Aber die beiden Rennen im Gebiet der Mittelstrecke und der Staffel können simpel mit „Grausen“ umschrieben werden. Während ich gleich nach den ersten 100 m auf reines Schritttempo mit nur noch Kartenlesen „umstieg“ und somit lediglich am 3.Tag mitten im dichtesten Grün 12 „Suchminuten“ einlegen musste und schlussendlich mich im Mittelfeld platzieren konnte, gelangen unseren anderen Berlinern Urs Trösch, Marvin und Sebastian zwar durchaus einige sehr gute Fels- und Steinpassagen, aber diverse Fehlinterpretationen ließen die zwischenzeitlich aufgekommene Euphorie schnell wieder abklingen. Ach so: Touristik gab´s auch in Hülle und Fülle – von Begegnungen mit Rentier „Rudi“ und Co bis hin zu bilderbuchmäßiger Mittsommernachtssonne – aber das ist ein völlig anderes Thema.
Fazit: Wir wissen nun die Leistungen unserer Nationalkader recht konkret einzuschätzen – ihr Einsatz war am Rand dessen, was machbar war und vor allem: Sie haben nie aufgegeben und sich als Kämpfer bewiesen. Gratulation also auch von unserer Berlinseite aus – und sie sind durchaus auch Vorbilder für unseren Berliner Nachwuchs!