Die Krönung der allermeisten internationalen Laufveranstaltungen sind die Staffeln – und so wird es auch beim Biathlon-Orientierungslauf gehändelt. Natürlich war das Biathlonstadion von Timra – Skönsviksberget auch wieder unser Wettkampfzentrum, das uns bislang als Ziel- und Schießbereich bereits bestens bekannt war. Etwas überraschend hatte es der Ausrichter verstanden, uns Aktiven einige Waldpassagen „vorzuenthalten“ – und die kamen uns „Festlandeuropäern“ durchaus entgegen. Denn gleich nach dem Start erwartete uns eine Kombination zwischen dänischen Küstendünen und märkischem Dünenwald.
Der Staffelwettbewerb im Biathlon-OL besteht auch wieder pro Wettkämpfer aus zwei Durchläufen mit Schießeinlage „Liegend“ und am Ende mit „Stehend“. Allerdings – und das ist durchaus verwandt mit dem „Winterbiathlon“ , stehen bei jeder Schießeinlage noch drei Reservepatronen zur Verfügung. Erst wenn auch diese verschossen sind, werden dann die obligatorischen Strafrunden (wieder um ca. 300 m lang) absolviert. Während in der Herrenkonkurrenz Dreierteams an den Start gehen, bestehen die Staffeln aller anderen Kategorien aus zwei Mitgliedern. Weltmeistertitel und Medaillen gibt es (natürlich getrennt in Damen und Herren) in den Kategorien Junioren, Elite, Senioren AK 70 -; AK 95- und 120 -. Wie auch im deutschen OL bekannt, bedeuten diese Zahlen in den Seniorenkategorien nichts anderes, als das Mindestalter beider Athleten, wobei natürlich beide Starter auch Senioren über dem erreichten 35´zigsten Lebensjahr sein müssen.
In Ermangelung vorhandener Teilnehmer stellte Deutschland ein männliches Juniorenteam (H 20) aus Marie Herrnhold (D 20) und dem noch 15-jährigen Tim Dalheimer (H 20, beide Berliner TSC) auf. Mit den beiden 13- bzw. 14- jährigen Bjarne Wolf (OLV Potsdam) und Niklas Braatz (SV Woltersdorf wurde ein zweites H 20 – Team nominiert, weil für eine H 16- Staffelwertung mit einem schwedischen Team zu wenig Konkurrenten angemeldet waren. Diese beiden Teams wurden dann in die H 20 integriert, ähnliches widerfuhr der D 16… Unser Eliteteam startete in der Reihenfolge Sebastian Fleiß – Karsten Blume – Tobias Schwartz (alle TSC). Die beiden deutschen Seniorenteams stellten sich in der H 95 mit Matthias Dalheimer (Berliner TSC) und Dr. Frank Braatz (IHW Alex 78), die H 120 mit Startläufer Jürgen Schwanitz (TSV Deggendorf) und Bernd Wollenberg (TSC).
Kurz vor Startbeginn hatte dann der mächtige Wettergott ein Einsehen, schob die Wolken weg und ließ Sonne und blauen Himmel erscheinen. Das freute zwar alle „mächtig gewaltig“, „zauberte“ jedoch bei so manchem erfahrenen Biathleten Sorgenfalten ins Gesicht, denn beim frühmorgendlichem „Anschießen“ war es noch recht nebelig… und das bedeutete, zumindest für die erfahrenen Schützen, Umstellung der Schießtechnik auf nun gänzlich andere Witterungsbedingungen, zumal die Wolken wegblasende seitliche Windböen schwierige Schießbedingungen erwarten ließen – und die bedeuten auch u.U. ein Mehr an Strafrunden…
Auf mein Anraten hin lief Sebastian im Gegensatz zu seinen sonstigen Staffelstarts etwas ruhiger seinen Parcours an und kam fast fehlerfrei als Neunter zurück – und brachte erstmals in seiner noch jungen Laufbahn das Kunststück fertig, alle fünf Schuss beim Liegendschießen im Ziel unterzubringen. Nach seiner zweiten Runde wieder Platz Neun – und nur ein Fehlschuss, so dass Karsten als zweiter Starter das vor ihm gestartete Dänemark II überholen konnte und vor dem Dänen Allen Reiche Andersen sein erstes Schießen anging. Während der dänische Militärsportler es Sebastian nachtat und alle fünf Schuss im Schwarzen „versenkte“, „durfte“ Karsten gleich drei bittere Strafrunden absolvieren – nun also Platz 10. Seine fehlerfreie Laufrunde und nur zwei Fehler beim Stehendschießen und Tobias als Schlussläufer ging auf Neun in seine erste Runde und kam – für ihn selbst überraschend, als Nummer Acht aus dem Wald. Noch während des Liegendschießen dann die Information „ Posten vergessen“. Schade, sehr schade – es wäre das beste Eliteergebnis für Deutschland geworden. Aber abbrechen, was ja nun eigentlich normal wäre, das tat dann Tobias nun doch nicht – seine Teamkameraden stärkten im demonstrativ den Rücken, so dass er tapfer seinen zweiten Lauf, beide Schießeinlagen nebst den 9 (!) Strafrunden absolvierte.
Unsere anderen Teams kämpften ebenfalls um „Ruhm und Ehre“. Tim übergab als vierter nach insgesamt für ihn ungewohnten fünf Strafrunden (er zählt eigentlich zu den sicheren Schützen) auf Marie, die jedoch gegen die vielen jungen Männer Nerven zeigte und als nun siebente zum Liegendschießen kam. Mit einem super Schießergebnis und nur zwei Strafrunden sowie der viertbesten Laufzeit auf der komplizierteren zweiten OL-Runde brachte sie ihr Team noch auf Platz fünf ein. Unser zweites Juniorenteam um Bjarne und Niklas (nur zwei Strafrunden beim Stehendschießen – Gratulation!) „profitierte“ von etlichen Fehlstempeln einiger Konkurrenten und konnte sich über den siebenten Platz freuen. Ob unser H 95 – Team nun in der H 70 besser gelaufen wäre, wer weiß – denn dort war nach Platz zwei schon Schluss – alles andere „außer Wertung“… In der 95´ziger Konkurrenz startete nach Herren – und Damenelite mit 17 Teams das zahlenmäßig drittstärkste Feld. Matthias erlief nach beiden Schießeinlagen und den OL – Strecken noch einen für seine Verhältnisse als „Neueinsteiger“ weil bisheriger betreuender und fahrender Vater von Tim guten 11.Platz. Mit dem gab sich unser deutscher Altmeister Frank jedoch nicht zufrieden, lief und schoss fehlerfrei und brachte so Deutschland noch auf den 10. Platz. Unsere „Altseniorenteam“, bestehend aus dem neunmaligen Polizei-OL-Weltmeister und früheren Polizeidirektor Jürgen Schwanitz und dem langjährigen Militär-OL´er Bernd Wollenberg, kommen sicherlich gut mit OL in allen Geläufen zurecht, aber im Schießen mit den „Langwaffen“ (Biathlongewehr) taten sich beide wieder schwerer als erwartet – OK, „früher“ haben sie mit ihren Dienstwaffen, Pistolen unterschiedlicher Fabrikate, wesentlich besser getroffen. Während Jürgen quasi ein unfreiwilliges Training mit gesamt 10 Strafrunden absolvierte, konnte Bernd, bekannt für seine „Lauffaulheit“ sich mit deren sechs begnügen. Endresultat: Platz Sieben – und immerhin den Ersten nach Runde Eins, Finnlands erste Mannschaft, neben zwei dänischen Teams noch hinter sich ge lassen.
Fazit aus deutscher Sicht: Zwar 2017 kein Gold und Silber, zweimal Bronze und achtmal Top-6. Und rechnen wir die „Rahmenkonkurrenz“ der H 16 hinzu mit einmal Platz 1, zweimal Platz 2 und einmal Platz vier sollten wir, wenn es 2018 im August zur WM nach Dänemark geht, positiv nach vorn blicken.
Text: Bernd Wollenberg , Fotos: Jürgen Schwanitz, Hans Mandahl, Bernd Wollenberg